Dienstag, 19. August 2014

Tag 21

Churros zum Frühstück. Und auch übrigen Vormittag nicht sehr sinnvoll verbracht.



Gut, dass ich meinen Kurs habe. Kein Fernkurs, thank god.

Nathalie Sarraute: russisch-französische Schriftstellerin, 1900-1999. Widmet sich in Tradition der grands écrivains (Balzac/Zola/Proust) der Gesellschaftsanalyse in Romanform. Leitbilder auch Virginia Woolf und James Joyce. Während Joyce es schafft, die Ereignisse eines Tages auf 987 Seiten zu strecken ( http://www.amazon.de/Ulysses-Roman-James-Joyce/dp/3518458167/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1408484487&sr=1-1&keywords=Ulysses ) und Thomas Mann Lübecker Familienbande ausführlichst beschreibt, erfindet Sarraute den Roman neu: kurze Szenen ohne Kontextoffenbarung regen zum Nachdenken an, man liest mehr zwischen als in den Zeilen. Jedes Wort zählt. Entsprechend spiegeln Buchcover impliziten Charakter der Romane wieder. Dozent empfiehlt Enfance, Sarrautes Kindheitserinnerungen. Erstes Werk: Tropismes. Erlangt Aufmerksamkeit durch Sartre, der behauptet, Sarraute schreibe Anti-Romane. Sarraute stimmt dieser Einordnung zwar gar nicht zu, aber von jetzt an bekannt.  

A. Robbe-Grillet, C. Simon, C. Mauriac, J. Lindon, R. Pinget, S. Beckett, N. Sarraute, C. Ollier


Apollinaire et les peintres: Keine Einführung zu Guillaume Apollinaire für uns unterkultivierte Nicht-Franzosen. Dafür bringt Dozent ganze Boxen voller CDs, seinen eigenen kleinen CD-Spieler, eine 11-seitige "petite bibliographie" für alle Anwesenden sowie 6 Seiten voller Gedichte und Zeichnungen. Zwei Wochen könnten wir so verbringen, sagt Dozent fröhlich und fragt, ob jemand dringend pünktlich gehen müsse. Er erzählt von Apollinaire, der Ende des 19. Jahrhundert in ein Paris des Umschwungs zieht. Für die Weltausstellungen kommen bis zu 52 Millionen Besucher aus der ganzen Welt, das elektrische Metrosystem ist ein großer Triumph im Wettstreit mit anderen Ländern, Fahrräder bereiten die libération de la femme vor, der Eiffelturm wird errichtet (nach Weltausstellung 1889 Petition von Künstlern, den Turm schnellstmöglich wieder niederzureißen) und das Land ahnt bereits, dass ein Krieg bevorsteht (Postkarten um 1900: Kinder schlüpfen aus Ostereiern, sollen später Soldaten werden). Apollinaire meldet sich freiwillig für den ersten Weltkrieg und wird 1916 schwer verletzt. Er schreibt viele Postkarten, Kaligramme. Moi aussi je suis peintre, ruft er aus und ordnet seine Poesie zu Formen. Nicht nur Kunst, auch Musik wird mit Poesie verbunden: Vertonung durch Francis Poulenc: http://youtu.be/seR2vcLnBtU . Picasso, Gertrude Stein und Marie Laurencin enger Freundeskreis, Avantgarde. Marie ist Geliebte. Als sie sich trennen, schreibt Apollinaire Le Pont Mirabeau (ohne Satzzeichen!). Gedicht erscheint in Band Alcools (!). wird nicht gut aufgenommen, da Brücke Mirabeau zu der Zeit weiß Gott kein romantischer Ort: Citroën Fabriken sind gleich gegenüber und eine moderne Stahlbrücke gilt als inadäquat für Liebesbekundungen. Gedicht steht heute an Brücke. Muss hin, es lesen und Liebesschlösser zählen.














Fast herbstliches Wetter hier. Windig. Falls Stimmungstief in den kommenden Tagen, fahre ich zum Asterix Park.


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