Montag, 25. August 2014

Tag 27

Und schon geht der Countdown los, nur noch vier volle Tage in Paris. Und ich kann niemandem erzählen, dass ich einen Monat in Paris verbracht habe, ohne Centre Pompidou, Place des Vosges, Arc de Triomphe, Louvre, Bastille besucht zu haben. Vorhaben, doch noch ein guter Tourist zu werden, beginnt heute Morgen. Mit der Metro zum Arc de Triomphe (hier Mahnwache vor Grab des Soldat inconnu), Champs Elysées hinunter bis zum Musée de l'Orangerie. 







Nach einer halben Stunde Wartezeit darf ich besichtigen, was ich während der conférences als Projektionen gesehen habe: Monets traumhafte Nymphéas, eine Nachbildung des atemberaubenden Arbeitszimmers von Kunsthändler Paul Guillaume, Renoir, Cézanne, Modigliani, Laurencin, Picasso, Matisse. Es ist eine Freude, die Werke der befreundeten Künstlergruppe als Ensemble zu sehen. Ich kaufe ein Kunstmagazin, das unter dem Titel "connaissance des arts" läuft, um mich immer mal wieder in Gedanken ins Museum zu blättern. Dazu ein kleines Matisse-Poster, um mich immer mal wieder in Gedanken ins Museum zu... blicken? Begriff Übergepäck existiert bitte temporär nicht.






Raus in die Tuileries. Hier muss Rilke gelaufen sein - dieses Wetter, dieser Weg - als ihm die Verse für Herbsttag gekommen sind. Von der Rue Rivoli gehe ich im Regen zum Place Vendôme, gucke mir die Fensterdekorationen der Juweliere an und beschließe, dass der Anblick der grazilen Ringe und Armbänder bestimmt auch Rilkes Stimmung gehoben hätte. Herbsttage im Spätaugust sind doch nicht so schlimm.


Herbsttag

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los. 

Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein. 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 

Rainer Maria Rilke, 21.9.1902, Paris






Le roman français contemporain: Dozent erzählt von den großen zeitgenössischen Schriftstellern Frankreichs: Michel Tournier, Patrick Modiano (Dozent sagt, die Romane ähneln sich eigentlich alle énormément, aber sehr gut), Le Clézio (Literaturnobelpreis 2008), Pierre Michon (der Beste von allen nach Urteil des Dozenten. Aber schwer zu lesen da durchweg subjonctif imparfait, also Elderado für Grammatik-Geeks. Ganz formidable, merveilleuse!). Dozent gesteht aber ein, dass all diese Autoren eher in die Kategorie bizarre fallen und einen leicht unterentwickelten Sinn für Humor besitzen. Als Gegenbeispiele nennt er Jean Echenoz, Éric Chevillard (der täglich random thoughts bloggt auf http://l-autofictif.over-blog.com/ ), Michel Houellebecq (Bobo-Literatur, Elementarteilchen), David Foenkinos (eher konventionell. Szene engl. unten Auszug aus Buch La délicatesse: Protagonist hat gerade ein Mädchen auf der Straße angesprochen und sich verabredet - "ici, c'est un sport").






La chanson française à travers les siècles: Wir fangen mit dem Rolandlied im Mittelalter an und enden bei Daft Punk. Dazwischen liegen knapp 900 Jahre; Lieder zur französischen Revolution ( http://youtu.be/bzu01gO3pi4 ); die Internationale als Hymne der Gewerkschaften; die Belle-Epoque mit Frou-Frou Kleidern; Soldatenlieder zum ersten Weltkrieg; Charleston, Foxtrott und der beunruhigend optimistische Maurice Chevalier zur Erholung vom ersten Weltkrieg; "latin lover" Tino Rossi; die Résistance und Charles Trenet während der Occupation; Operetten und Edith Piaf; Georges Brassens und Jacques Brel in den 50ern; die "yéyés" (weil sie immer yeah yeah singen) um Claude François und seine Tänzerinnen (heißen les Claudines - wth...); Jean-Jacques Goldman, Vanessa Paradis und Patrick Bruel; zuletzt Grand Corps Malade, Olivia Ruiz und Thomas Dutronc (Sohn von Jacques Dutronc). Wir hören Lieder der Epochen und gucken Trailer der Verfilmungen zu Edith Piaf ( http://youtu.be/Z0AGz56CN68 ) und Claude François ( http://youtu.be/Nx2naUGho1k ).


Nicht zum Rathaus, um Feier zur Libération zu verfolgen, da Schuhe nass und Dauerregen. Mit der Metro zur Cité, Chips und Skype mit mes frérots





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